Schwindel ist keine Krankheit, sondern Ausdruck einer körperlichen oder seelischen Störung, die viele Ursachen haben kann. Diese werden im Kapitel “Diagnose” beschrieben.
Schwindelgefühle können sich unterschiedlich äußern: Einige Betroffene haben das Gefühl, die Umgebung dreht sich um sie herum. Anderen zieht es scheinbar den Boden unter den Füßen weg, sie glauben, zur Seite zu fallen oder Lift zu fahren. Die meisten fühlen sich aber “nur” benommen und unsicher. So unterschiedlich Schwindelgefühle sich auch äußern mögen, ist die räumliche Orientierung gestört, finden sich die Betroffenen nicht mehr zurecht, werden ängstlich und hilflos.
Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil der Schwindelpatienten drastisch an: Sind es insgesamt in Deutschland etwa zehn Prozent, leidet von den über 65-Jährigen bereits ein Drittel unter den Symptomen, und ab 75 Jahren zählen Schwindel und Gleichgewichtsstörungen zu den häufigsten Beschwerden überhaupt.
Wie entsteht Schwindel?
Schwindel wird durch widersprüchliche Sinnesinformationen erzeugt. Dazu muss man wissen, dass wir unser Gleichgewicht und die Fähigkeit zur Orientierung im Raum dem Zusammenspiel dreier Sinnesorgane verdanken: dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr, den Augen und der Tiefenwahrnehmung.
Während das Gleichgewichtsorgan (= vestibuläres System) die Drehbewegungen des Kopfes und unseres Körpers erfasst und verarbeitet, liefern die Augen optische Informationen über unsere Umgebung. Muskeln und Gelenke (= Tiefenwahrnehmung) vermitteln uns die Position unseres Körpers und bestimmter Körperteile. Ohne diese Fähigkeit wüssten wir nicht, ob unsere Beine unter dem Tisch gestreckt oder gebeugt sind. All diese Informationen werden im Gleichgewichtszentrum des Gehirns verglichen und koordiniert. Stimmen die Informationen nicht überein oder werden vom Gehirn fehlerhaft verarbeitet, wird uns schwindelig.
Welche Formen von Schwindel gibt es?
Wenn Schwindelgefühle eine klare Richtung anzeigen, die Patienten also das Gefühl haben, sich zu drehen, in eine bestimmte Richtung zu schwanken oder Lift zu fahren, spricht man vom systematischen oder gerichteten Schwindel. In den meisten Fällen beruhen die genannten Symptome auf einer Störung der Gleichgewichtsorgane im Innenohr (= peripher-vestibulär), seltener steckt eine Erkrankung des Gehirns dahinter (= zentral-vestibulär). Ein akuter Schwindelanfall wird häufig von Herzklopfen, Übelkeit, Schweißausbrüchen oder Kopfschmerzen begleitet.
Schwindelgefühle
Richtungslose, verschwommene Schwindelgefühle, die bei den Patienten Benommenheit und Unsicherheit auslösen, werden als unsystematischer, ungerichteter oder diffuser Schwindel bezeichnet. Die Ursache dieser Symptome kann im Bereich des Gehirns und seiner Funktionen (= zentral-vestibulär) liegen – bei älteren Menschen weist ungerichteter Schwindel häufig auf Hirnleistungsstörungen hin (siehe Kapitel 4) – oder völlig außerhalb des Gleichgewichtssystems (= nicht-vestibulär). Denn auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, niedriger oder hoher Blutdruck, Stoffwechselstörungen, psychische Probleme oder Medikamente können Schwindel hervorrufen.